1. Dezember 2013
Liebe Spenderinnen und Spender, liebe Freunde unseres Projekts,
zuerst möchte ich mich entschuldigen, dass der Sommer-Rundbrief ausgefallen ist, ich habe längere Zeit wegen einer Erkrankung nicht gearbeitet. Zu meiner Freude ist die Arbeit auf dem Balkan in dieser Zeit engagiert wie immer weiter gegangen, so dass ich viele gute Nachrichten für Sie habe. So schreibe ich mit großer Freude.
Für die eiligen LeserInnen:
1) Große Freude: Soeben hat unser serbischer Partner Zdravko Marjanovic in Belgrad von einer serbischen Vereinigung zum Opferschutz einen Preis für sein Friedensengagement bekommen.
2) Die „Friedenskarawane“ (April bis November) durch Bosnien, Kroatien und Serbien war ein Erfolg. Zu unserer Freude waren immer ca 50 % Jugendliche beteiligt.
3) Seit diesem Jahr arbeitet unsere wöchentlche Gruppe in Backa Palanka mit einigen neuen jüngeren Mitgliedern. Neu ist der zusätzliche Kontakt mit Kindern/ Jugendlichen in Mazedonien.
4) Das jährliche multiethnische Sommercamp fand 2013 in Osijek/ Kroatien statt und verlief diesmal ohne Probleme. Es wurde geplant, den „Tag der Toleranz“ von Serben und Kroaten gemeinsam zu gestalten.
5) Die diesjährige deutsch-balkanische Jugendbegegnung, organisiert von Sabine Gresser-Ritter der Ev. Andreaskirche Schildgen, war für alle TeilnehmerInnen ein großes Erlebnis. Es waren neben serbischen und bosnischen Jugendlichen auf Zdravkos Wunsch auch mazedonische dabei. Themen waren Nationalismus, Rassismus, Faschismus hier wie dort unter dem Oberthema „Widerstand gegen Unrecht“. Zdravkos Zeitung „Tolerancija“ hat ausführlich darüber berichtet.
6) Zdravkos Zeitung „Tolerancija“ findet immer mehr Leser in allen Republiken es ehemaligen Jugoslawiens.
7) Eine Langzeitstudie (10 Jahre) zeigt, dass Jugendbegegnungen nachhaltige positive Auswirkungen haben.
8) Brücken bauen wird nur noch bis Ende 2015 Spenden sammeln. Es wäre wunderbar, wenn Sie uns noch diese zwei Jahre treu bleiben und mit Spenden unterstützen würden. 2013 sind unsere Spendeneinnahmen zurück gegangen , aber wir arbeiten weiter. Voraussichtlich setzt Sabine Gresser-Ritter danach die deutsch-balkanischen Jugendbegegenungen fort, und ich werde dies Engagament gerne weiter unterstützen, zumal es unmittelbar mit unseren Projekten verbunden ist.
9) 2014 findet die deutsch-balkanische Jugendbegegnung in Banja Luka (Hauptstadt der Republik Srbska in Bosnien) und einige Tage in Kroatien am Meer statt.
Für die LeserInnen mit mehr Zeit:
Zu 2) In jedem Ort, durch den die Karawane zog, waren ca 40 Menschen aktiv, haben „Runde Tische“ gegründet, die Versöhnungsarbeit vorgestellt, einen Film über die verschiedenen Aktionen gezeigt, über unsere Jugendarbeit berichtet und eine Ausstellung mit Bildern der Jugendlichen unserer Projekte zum Thema Toleranz gemacht. Es waren TeilnehmerInnen aus Serbien, Bosnien, Kroatien,Montenegro, Mazedonien sowie ein Student aus dem Kosovo dabei. Erfreulich war die hohe Beteiligung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (immer ca 50 %). Beteiligt waren Professoren aus der jeweiligen Republik mit Vorträgen… Obwohl die Regierungen dieser Arbeit immer wieder in die Quere kommen, hat das Forum „Brücke der Freundschaft“ viele neue Teilnehmer bekommen. Es sind inzwischen 200 Einzelpersonen und 10 Organisationen Mitglied. Über Internet verfolge ich den ständigen regen Austausch zwischen den Mitgliedern und ihr unermüdliches Engagament. Sie suchen Wege, an das Vertrauen der Menschen aus der Zeit vor den Kriegen anzuknüpfen, analysieren die Situationen in den einzelnen heutigen Republiken und arbeiten an einer weiteren Vernetzung aller, denen Versöhnung ein Anliegen hat. Radio Belgrad berichtete über die Karawane, danach meldeten sich auch Kriegsveteranen mit Interesse an Versöhnung.
Ein positives Ergebnis ist auch, dass die jungen Erwachsenen mit 16- bis 30-jährigen eine Weiterarbeit planen.
Zu 4) Ziel des einwöchigen Camps war der Aufbau einer .multiethnischen Familie“. Unterstützt wurde das Camp von ehrenamtlichen Mitgliedern der „Brücke der Freundschaft“ (Ausflüge, Bootsfahrten). Wie immer gab es neben vielem Kreativem auch einen Workshop über Toleranz. Es wurde auch überlegt, wie man langfristig die Jugendarbeit in die „Brücke der Freundschaft“ integrieren kann. Ein Jugendlicher schrieb nach dem Camp: „ Jede Person wird mit einem neuen Freund reicher. Während dieser Woche sind wir alle sehr reiche, glückliche Menschen geworden.“
Zu 5) 12 Tage verbrachten 30 deutsche, bosnische, serbische und mazedonische Jugendliche gemeinsam in Bergisch Gladbach, Köln, München und am Ammersee. In Köln standen im Mittelpunkt der Besuch des El D Hauses mit einem Workshop über die Frage, wie einzelne und kleine Gruppen Widerstand gegen Unrecht leisten können, Beispiel waren die deutschen Neonazis, und es wurde entsprechend über die Situation auf dem Balkan nachgedacht. Das Eindrucksvollste war in Köln eine Führung mit Rolly Brings. Er zeigte den Jugendlichen wichtige Orte der Edelweißpiraten und erzählte von dem Widerstand dieser jungen Menschen im 3. Reich und ihrem Schicksal. Das war auch vielen Deutschen unbekannt. An einigen Plätzen sang Rolly zur Gitarre Lieder zu dem Thema. Alle Jugendlichen haben ihm gebannt zugehört. Für viele war es DAS Highlight .Zdravko hat in seiner Zeitung „Tolerancija“ ausführlich darüber berichtet- als ein Beispiel für mutigen Widerstand. – Am Ammersee war natürlich Spiel und Spaß, zB ein Floß zu bauen, das Wichtigste neben ökologischen Workshops (auf dem Balkan leider noch kein wichtiges Thema) In München folgte die Gruppe einem „Weg der weißen Rose“ mit Informationen über den Widerstand der jungen Erwachsenen. Auch darüber berichtete Zdravko ausführlich in seiner Zeitung und bearbeitete das Thema weiter in seiner wöchentlichen Jugendgruppe.
Zu 6) Seit 2010 ist Zdravkos Zeitung „Tolerancija“ Mitglied der „Brücke der Freundschaft“. Sie wird in allen Republiken des ehemaligen Jugoslawiens kostenlos verteilt und findet immer mehr interessierte Leser. Es ist die einzige Zeitung der Region mit den Zielen: Aufdeckung der Wahrheit über die Kriege, – Berichte über die Versöhnungsarbeit, – Aufbau von Toleranz und Vertrauen.
Die Kriege haben tiefe, für viele unüberwindbare Gräben zwischen den Ethnien aufgerissen, so dass jeder Ethnie ihre Eigenarten stark betont, zB ihre sprachlichen Unterschiede so hervorhebt, dass es keine „serbokroatische“ Sprache mehr gibt, sondern nur noch „Serbisch“ oder „Kroatisch“.
Zdravko sagt: „Wir können Frieden nur auf den Unterschieden aufbauen, nicht auf Gleichheit.“ Einer seiner Lieblingssätze lautet: „Wir sind alle auf unterschiedliche Weise gleich.“
Zu 7) Das Ergebnis der Studie über die Langzeitwirkung von Jugendbegegnungen nach 10 Jahren lautet: 50 % Steigerung von sozialen, persönlichen und interkulturellen Kompetenzen; mehr Verständnis und Toleranz gegenüber fremden Kulturen; leichtere Bewältigung von unbekannten Situationen; Anstöße zu weiterer Aktivität.
8) Es besteht folgende Verabredung mit Zdravko: Wir sammeln Spenden bis Ende 2015, mit denen er 2016 noch arbeitet. Ende 2016 bin ich 70 und beende „Brücken bauen“. Das wird für mich ein schwerer Abschied von einem Projekt, das dann über 16 Jahre Mittelpunkt meines Lebens war. Mich erfüllt diese Arbeit noch immer mit großer Freude, weil ich immer wieder miterlebe, das für uns hier vielleicht klein wirkende Schritte in der Arbeit auf dem Balkan sehr große Schritte sind. Noch immer wird in allen drei Republiken unser Engagement von starken nationalistischen politischen Gruppen und Regierungsmitgliedern erschwert, aber es gibt zunehmend „kleine Oasen“, an denen sich die Versöhnungswilligen vereinen und an einer friedlichen Zukunft arbeiten. Die Beteiligung von jungen Menschen macht uns Mut und Hoffnung. Ich empfinde es als Geschenk, durch viele glückliche Fügungen an diesem Prozess beteiligt zu sein.
Ich wünsche Ihnen eine frohe Advents- und Weihnachtszeit und grüße Sie herzlich
Christiane Bertram